Eine gemütliche Tour durch Frankreichs Nordosten, das war der Plan. Schon im letzten Jahr haben wir davon gesprochen, aber keinen Termin finden können. Jetzt, Anfang Juni, war es endlich soweit. Eine kleine Gruppe mit wechselnder Besetzung findet sich zusammen und genießt bei schönstem Sommerwetter die Landschaft, den leckeren Rebensaft und den feinen Mampf.
Am Freitag Mittag starten wir von Mainz, dann weiter Richtung Saarland und bis nach Reims. Erster Stopp am Nachmittag ist der „Circuit de Reims-Gueux“, wo wir auf weitere Teilnehmer unserer Tour stoßen. Der Dreieckskurs auf öffentlichen Straßen am Rande der Stadt war einst eine der schnellsten Rennstrecken Europas. Bis in die 60er Jahre hinein wurden hier Formel 1 und 2 Rennen veranstaltet. Dann wurde das alles zu gefährlich und nun zeugen nur noch einige Gebäude, die Tribünen und die Boxenanlagen von den glorreichen Zeiten und ein Verein kümmert sich liebevoll um den Erhalt und die Restaurierung des Geländes. Wir hatten Glück und ein freundlicher Monsieur lässt die Bar etwas länger auf und heißt und herzlich Willkommen.
Dann ab ins Hotel, schnell umziehen und mit dem Taxi hinauf zum schicken Restaurant „La Bellevue“ im Hotel Royale Champagne. Der Name ist Programm, bei grandioser Aussicht von der Terrasse lassen wir die Korken knallen, beziehungsweise diskret vom Sommelier öffnen und probieren uns so durch einige Flaschen der verschiedensten Jahrgänge und Geschmacksrichtungen. Wir ahnen, dass wir das Reisebudget schon am ersten Abend verbraten haben, denn Sebastién bezahlt, druckst beim Betrag aber so komisch rum und rückt mit der Wahrheit erst einige Tage später raus…Ohje
Samstag: Der nächste Tag geht weiter, wir der vorherige aufgehört hat: mit Champagner! An diesem Wochenende werde ich mehr davon trinken, als in meinem ganzen Leben davor. Wir besuchen Sebastians Familie, die in Avize das Gut „Franck Bonville“ hat und sich seit vier Generationen der Herstellung aus besten Grand Cru Lagen widmet. Bei einer tollen Führung durch den Keller erfahren wir alles über die Produktion und verkosten auch die eine oder andere Flasche verschiedenster Jahrgänge, die älteste ist ein 25 Jahre alter Blanc de Blancs Grand Cru in der Magnum Flasche. Die Fabrikationsmethoden haben sich inzwischen auch geändert und Handarbeit beim Rütteln oder „Degorgieren“ ist selten. Die Lese erfolgt jedoch im ganzen Anbaugebiet noch von Hand.
Einige der Flaschen nehmen wir mit zum BBQ im nahegelegenen Weinberg. Zum Käse, Baguette und Bratwurst schmeckt er hervorragend.
Kugelrund fahren wir nach Épernay, neben Reims dem Hauptzentrum der Champagner Produktion. Durch Zufall mischen wir uns unter ein Oldtimer Treffen in einem der Innenhöfe, welches für einen guten Zweck veranstaltet wird und dürfen dort umsonst parken. Mittendrin statt nur dabei.
Auf der prächtigen Avenue haben neben dem Stadtpalais auch zahlreiche alteingesessene Champagner-Häuser ihre prächtigen Sitze und bieten Besichtigungen oder Verköstigungen an. Man kann auch einfach nur auf einer der Terrassen sitzen und sich das ganze Treiben anschauen. De Castellane, Mercier oder Moet et Chandon sind die großen Namen hier steht auch eine Statue von Dom Pérignon, einem Mönch des Benediktinerordens, dem wir das ganze zu verdanken haben. Er entdeckte im 17.Jhrd die Flaschengärung, verwendete Korken mit Kordeln am Flaschenhals und bemerkte, dass der Wein durch Verschnitt an Qualität gewann. Auch legte er das Volumen von 0,7 Litern fest. Die ihm ideal erscheinende durchschnittliche Verzehrmenge eines Erwachsenen beim Abendessen. Da weisste Bescheid!
Ich brauche erstmal einen Kaffee und wir machen eine kleine Pause im Bistro um die Ecke, bevor eine weitere Besichtigung ansteht. Diesmal in einem der größeren Produzenten: Boizel. Hier geht die Geschichte zurück auf das Jahr 1834 und das steht auch groß am Eingangstor, neben dem wir parken. Erst vor fünf Jahren wurde des Gebäude renoviert und neue Produktionsanlagen installiert, die noch präzisere Herstellungsmethoden erlauben. Alles ist hier wie geleckt, in jeden zahlreichen Stahltanks passen 37.000 Liter, genug für eine Jahresproduktion von 500.000 Flaschen. Eine Etage tiefer ist der riesige Keller mit schier endlosen Tunneln, welche in den weichen Kreidefels gehauen wurden und im Krieg als Bunker dienten. Bei konstant 11 Grad liegen hier hunderttausende von Flaschen verschiedenster Jahre und Vergärungsstadien von denen wir am Ende der Führung noch zwei probieren können. Die ältesten Flaschen lagern in der Schatzkammer. Sie haben zwei Weltkriege überlebt und sind über 150 Jahre alt.
Sonntag: Auch heute scheucht uns Sebastién früh aus dem Bett und hat eine schöne Tour ausgearbeitet. Wir fahren zum Leuchtturm von Verzenay. Den hat ein findiger Champagner Produzent 1909 gebaut, um seinen Firmennamen groß drauf zu schreiben und ihn in der Nacht bis nach Reims leuchten zu lassen. Werbung war auch damals wichtig, dazu gab noch ein Restaurant und ein Open-Air Theater, wo es die feine Gesellschaft schon damals ganz schön hat krachen lassen. Den Krieg hat nur der betonierte Turm überlebt und 1999 wurde das Weinmuseum daneben eröffnet. Auch ein Garten mit Terrasse, wo man den im Shop gekauften Champagner gleich verzehren kann. Das machen wir dann auch, kommen mit drei Damen aus Süddeutschland ins Gespräch, die uns beim Leeren der zwei Flaschen helfen und fahren anschließend nach Tours-sur-Marne ins Restaurant „La Table du 18“ in einer alten Feuerwehr-Station. Der Chef ist selbst Porsche-Fahrer, hat sein Auto vor die Tür gestellt und uns den Parkplatz daneben reserviert. Er ist rührend, nicht nur das Essen ist klasse, auch schenkt er uns Käppis und den Damen eine Rose und wir machen noch einige Fotos mit ihm vor dem Haus.
Hier mischt sich die Gruppe neu. Lorenz kommt dazu und Serge, Ludivine, Sabrina und Stephan verabschieden wir.
Nach einem kurzen Stopp an der Getreidemühle auf dem Mont-Boeuf fahren wir über Land ca 120 Kilometer Richtung Troyes, wo wir die Nacht verbringen. Vor dem Abendessen bleibt noch Zeit, einen kleinen Rundgang durch die wunderschöne Altstadt mit ihren farbenprächtigen mittelalterlichen Häusern zu machen. Sie sind alle schief und krumm, haben Türmchen und nur kleine Fenster und erinnern mich an die Städte in einigen Asterix-Heftchen.
Troyes:
Montag: Der Weg aus der Stadt ist etwas mühsam, die Navigations-Technik hat Tücken, aber dann schaffen wir es auf die N77 Richtung Süden und später über kleine Sträsßchen nach Chablis, wo wir einen ersten Stopp einlegen und vom Grand Crus des nördlichsten Anbaugebiet der Region Burgund nippen.
Wir bummeln zurück zum Auto und fahren weiter nach Noyers. Es ist schon fast 14h, was zum Mittagessen muss her und wir fahren an einem kleinen Restaurant am Dorfplatz von in L’Isle-sur-Serein vorbei, welches mir genau richtig erscheint. Die beiden einzigen Gäste stellen sich als Besitzer heraus und sie improvisieren für uns noch eine kalte Platte mit Baguette. Das alte Lokal heisst “Les Epis d’Or” und ist wunderschön einfach, ein bunter Fliesenboden, weiss-rot karierte Tischdecke, simple Holzstühle und große Fenster mit Blick auf den in der Mittagszeit menschenleeren Parkplatz. Dazu spielt ruhige Jazz-Musik. Es ist einer der schönsten Momente der ganzen Reise. Deshalb sind wir hergekommen!
Da wir zeitlich etwas im Verzug sind, ändern wir die Strecke, fahren nicht -wie geplant- über Alesia, Flavigny-sur-Ozerain und die „Route des Grands Crus“, sonder auf direktem Weg über die Nationalstraße zu unserem nächsten Ziel, dem „Château de Savigny-les-Beaune“ nordwestlich von Beaune. Das riesige Schloß beherbergt ein unglaubliches Sammelsorium von Autos, Motorrädern, Traktoren, Flugzeugen, Raketen, Satelliten oder ca 8000 Miniatur-Modellen. Knaller ist die Sammlung von ca 30 Abarth-Prototypen, die der Besitzer Michel Pont auch gerne mal zu Rennen oder Ausfahrten bewegt und sie bei seinem alle fünf Jahre stattfindenden Abarth Treffen im Garten zeigt, sowie die im Park verteilt stehen Jagdflugzeuge. Es ist die größte Sammlung weltweit. Darunter vier Flugzeuge der französischen Kunstflugstaffel, 11 MIG und 17 Dassault.
Station machen wir in Beaune und finden am Abend einen Schönen Platz mit quirligen Terrassen, Bars und Restaurants und genießen die letzten Sonnenstrahlen und das Gefühl von Sommer.
Dienstag: Armin fährt heute nach Hause und wir nach dem Frühstück weiter nach Süden. Ca 50 Kilometer über die Autobahn, dann bei Tournus ab auf kleinste Sträßchen vorbei and Wald, Feldern und Schlössern über den Col de Brancion, Chissey-les-Mâcon, Mont St.-Romain in Richtung Cluny, wo wir gerne etwas länger geblieben wären. Geht aber nicht, denn wir haben Mittagessen an einem speziellen Ort reserviert. Um Punkt 12:30h sind wir bei „Mamie Cocotte“, dem Restaurant des Weinguts Vincent Cornin in Fuisse. Hier kocht seine Frau Hausmannskost wie die Großmutter in den 60er Jahren für die Angestellten. Es gibt Gurkensuppe mit Minze und Ricotta, dazu Tomaten-Parmesan Clafoutis, eine Art Kuchen. Danach Zitronenhühnchen mit Reis und Kuchen mit Fruchtsauce. Zu trinken verschiedene der selbst hergestellten Chardonnay Weine. Auf dem Etikett sind nostalgische Mopeds abgebildet, denn man kann hier auch eine lustige Sache buchen. Mit alten „Mobylettes“ bietet Vincent eine Tour durch die Weinberge an, Verkostung und Riesenspaß inklusive. Das machen wir dann das nächsten Mal!
Wir haben es etwas eilig, denn um 15h haben wir unseren letzten Termin. Die Besichtigung des Chateau de la Chaise in Odenas bei Mâcon und das dazugehörige Weingut. Das Gelände umfasst 400Ha und soll in der Nachbarschaft noch um ein Luxus Resort mit Spa ausgebaut werden. Die Führung geht zuerst zum benachbarten Schloss. Es stammt aus dem 17.Jhd und wurde von Jules Hardouin-Mansart erbaut, der auch schon für Ludwig XIV an Versailles gearbeitet hatte. Für Besucher ist es leider nicht zugänglich und so bleibt nur der Blick aus der Ferne. Die Tochter des jetzigen Besitzers Marquise de Roussy de Sales heiratet hier nächste Woche und die Gärtner haben noch alle Hände voll zu tun und schnippeln fantasievolle Figuren in die Büsche und Bäume. Alles streng nach historischem Vorbild. Das prächtige Kellereigebäude ist ebenfalls picobello und der Keller ist mit 108 Metern der längste im ganzen Beaujolais. Die Weine sind ausschließlich Gamay Noir und werden ökologisch angebaut. Das gesamte Anwesen ist auf dem Weg komplett CO2 neutral und energieautark zu werden, die Fahrzeuge sind elektrisch angetrieben und man will keinen Abfall mehr erzeugen.
Am Nachmittag haben wir noch etwas Zeit und so fahren wir durch die Weinberge auf den 550 Meter hohen Col de Durbize, dann weiter nach Juliénas und zum Hotel. Wir wohnen heute im Schloss und haben es für unseren letzten Tag der Reise gut getroffen. Das Hotel Chateau de la Barge liegt idyllisch am Stadtrand von Mâcon und hat sogar einen Pool, den wir gleich mal ausprobieren. Wie im Urlaub…
Abendessen ist in einem nahegelegenen Restaurant und so endet unsere Reise hier auf der Terrasse bei Wein, Schnecken und Ochsenbäckchen. Die Rückreise über die französische Autobahn verläuft problemlos und so kommen wir nach knapp 1800 Kilometern wieder in Mainz an und unsere Köpfe sind voll von den wunderschönen Eindrücken.
Text und Fotos: Markus Haub & Susana de Val