Wo sonst Polo gespielt oder die Pferde beim White Turf galoppieren, findet Ende Februar seit 2019 das „The Ice“ statt. Auf dem zugefrorenen St. Moritzersee reihen sich ca 50 exquisite Automobile zum Concours d’Elegance auf und dürfen am darauffolgenden Tag ein paar Runden auf der schneebedeckten Piste drehen, anstatt einsam in der Garage auf den Frühling zu warten.
Wir kennen die Gegend vom Kilometer Lance oder dem Bernina-Rennen im September und freuen uns, nun mal im Winter ins Engadin zu fahren. Schon die Anreise über den Julierpass ist jedes Mal ein Vergnügen und auch unser erster Stopp am Donnerstag Nachmittag lässt auf ein schönes Wochenende deuten. Im mondänen Suvretta House hat Aston Martin im James Bond Stil eine DB5 Cocktail Ice-Bar aufgebaut und der Ober auf Schlittschuhen schenkt Bollinger aus. Läuft!
Freitag gehts um 9 Uhr los. Die Preziosen wurden vorher schon vom gegenüberliegenden Parkhaus auf den See gefahren und sind nun hübsch nach verschiedenen Kategorien nebeneinander aufgestellt. Die ersten Knaller finden wir bei den „Conceptcars & One Offs“: Gandinis Meisterstück, der Lancia Stratos HF Zero von 1970, den der Kalifornier Phillip Sarofim mitgebracht hat oder der Bertone Sibilo von 1978 aus der Lopresto Sammlung. Daneben der Mercedes C111 aus der Klassik Abteilung, einer von mehreren Prototypen zur Erprobung von Wankel- und Dieselantrieb oder der Lincoln Indianapolis Boano von 1955 aus der Pearl Collection von Fritz Burkard, der skurrile Ferrari 166MM/212 Export „UOVO“ von 1950 oder der Jaguar XK 120 „Jabbeke“ Rekordwagen mit Glaskuppel im Astronautenstil.
In der Gruppe der „Queens on Wheels“ gesellen sich gleich mehrere Ferrari (250MM, 250 TDF, 250 GT SWB, 275 GTB, 275 GTS und 365 GTS/4) neben einem Bizzarini 5300 GT Strada oder der luftgekühlten Heckmotor-Limousine Tatra 87. Die Bandbreite ist enorm.
Sonne und Wolken wechseln sich ab und der Wind pfeift ein wenig über die Kapuze, aber eigentlich ist es für Februar viel zu warm. Keine dicke Schneedecke auf den Skipisten sondern braune Hänge und so schmilzt auch das Eis auf dem See schneller als sonst und verschafft den Organisatoren Kopfzerbrechen. Es hat Risse und so dringt an verschiedenen Stellen Wasser hindurch und bildet im Laufe des Tages knöcheltiefen Pfützen, die mit Geschick oder geeignetem Schuhwerk zu durchqueren sind. Auch das Gewicht der Tribünen ist ein Problem und sie können leider nicht benutzt werden, was besonders am Samstag schade ist.
Der Samstag ist der Haupttag und es ist deutlich mehr los. Schon früh säumen die Zuschauer das Oval der Pferderennbahn und die ersten Startergruppen drehen ihre Runden und versuchen sich im Driften, ungefähr so wie wir am Tag zuvor mit dem Elektro-Ferrari Testa Rossa von „The Little Car Company“ auf der kleinen Teststrecke hinter dem Pressezelt. Was für ein Spaß!
Es ist schon etwas besonderes all diese verschiedenen Klassiker fahren zu sehen und live in dieser Kulisse zu erleben. Die alten Bugatti Typ 35 oder 39, Maserati 8C Monza, 250F oder 420M/58 „Eldorado Special“, der 16-Zylinder Auto Union Typ C von 1936 mit Zwillingsbereifung, den Tom Kristensen sichtlich amüsiert meist quer pilotiert oder der mit Kettenantrieb ausgestatteten Porsche 356 von Valkyrie Racing, dessen Team an verschiedenen Rallyes auf der ganzen Welt teilnimmt, um Geld gegen Kinderhandel zu sammeln. Die letzte führte sie in die Antarktis und sie haben den Porsche speziell dafür umbauen lassen.
Am Ende hatten alle einen großartiges Wochenende mit einzigartigen Automobilen und sogar Flugeinlagen am Himmel über Sant Moritz und der Lancia Stratos Zero gewinnt den Pokal „Best in Show“. Glückwunsch!
Fotos: Markus Haub & Susana de Val