Die Idee zur Tour zu den Lofoten kam irgendwann im Winter auf. Warum eigentlich nicht, haben wir uns gedacht. Mal nicht nur in die Alpen im Sommer, sondern in den Norden. Also haben wir Kartenmaterial bestellt und uns an die Planung gemacht. Auch Stefan Bogners „Curves Norwegen“ Magazin war ein guter Ratgeber für die Ausarbeitung der Strecke. Schnell stand fest, dass wir ungefähr zwei Wochen bis zum Ziel brauchen würden und nochmal solange wieder zurück. Tagesetappen von ca 200-300 Kilometern schienen uns realistisch, um auch die Landschaft genießen zu können und auch mal einen Tag Pause zu machen. Insgesamt sollten so 8200 unvergessliche Kilometer dem Zählwerk unseres Carrera 4 hinzugefügt werden und das ohne auch nur eine einzige Panne.
Eigentlicher Startpunkt war dann Sylt, die nördlichste Insel Deutschlands, wo wir Ende Juni das Petro Surf Festival besucht haben und von dort weiter durch Dänemark bis Hirthals gefahren sind. Am Nachmittag bringt uns dann die Fähre in knapp drei Stunden nach Kristiansand in Norwegen und als wir von Bord gehen, fühlen wir uns ein wenig wie ein Seefahrer, der zum ersten Mal neues Land betritt. Das Abenteuer beginnt.
Am nächsten Morgen lassen wir Kristiansand zurück und fahren Richtung Stavanger, zunächst ein Stück über eine neugebaute Autobahn, die mal kurzerhand in den Fels gesprengt wurde. Sie ist, wie fast alle Straßen hier, ziemlich neu und in perfektem Zustand und geht durch viele Tunnel und über viele Brücken. Und natürlich herrscht Tempolimit. Meist 80, mit Glück mal 90 oder auf den wenigen Autobahnkilometern 110. Das wars. Man braucht Zeit in Norwegen und so gleiten wir also meistens bei 2000 Touren im fünften Gang umher und stellen mit 8,4 Litern einen neuen Spritspar-Rekord auf. Auch sehen wir hier den ersten Polizisten, der mit einer Radarpistole in seinem Campingstühlchen sitzend am Straßenrand auf Temposünder schießt. Es sollte der einzige auf der gesamtem Reise bleiben.
Da wir nicht nur im Auto fahren wollen, bauen wir ein paar Ausflüge ein. Z.B. die Wanderung zum Preikestolen, einem imposanten Felsvorsprung mit grandiosem Ausblick über einen 600 Meter tiefen Abgrund hinab zum Lysefjord. Man sollte aber gut in Form sein, um die teils steilen Anstiege und den Slalom um die Mitwanderer aus Indien, China oder Japan zu bewerkstelligen, es ist halt eine der Hauptattraktionen der Region.
Wir fahren weiter über die Ryfylke Road (Fv.520) zwischen Sauda und Røldal in Hardanger. Sie ist eine der 18 nationalen Touristenstaßen genannten „Scenic Routes“ und ein echtes Highlight. Obwohl es in Strömen regnet, ist die Fahrt ein Genuss. Die Landschaft mit den grün-grauen Felsen erinnert entfernt an den Grimselpass, und das hinter jeder Kurve in einer neuen Variante! Auf ca 900 m.ü.M. liegt noch Schnee und wir treffen die ersten Schafe, die hier gern am Straßenrand stehen und von den Autos wenig beeindruckt fressen oder schlafen.
Weiter über die Rv.13 nach Eidfjord, über die extrem kurvige RV.7 durch einen 360 Grad-Tunnel, der sich selbst nochmal durchkreuzt und auf dem Navi entfernt wie eine Brezel aussieht, kommen wir zum Vøringsfossen-Wasserfall. Mit 182 Metern Fallhöhe ist er eine Wucht und man kann das Spektakel bestens von einer Aussichtsplattform und der das Tal überspannenden, 2020 vom Architekten Carl-Viggo Hølmebakk erbauten Treppenbrücke in X-Form beobachten. Zum Hotel in Geilo ist es noch eine gute Stunde, die uns über die Hardangervidda, die größte Hochebene Nordeuropas führt. Die spektakuläre Landschaft durchkreuzen wir bei 6 Grad Celsius und Nieselregen, hüpfen nur mal kurz aus dem Auto, um ein paar Fotos zu machen. An den Einsatz der Drohne, die wir im Hinblick auf die Reise angeschafft haben, ist hier nicht zu denken.
Die Weg nach Lærdal ist ein besonders schöner. Es sind nur 150 Kilometer, aber viele Kurven und teils sehr schmale Bergstrecken. Der Vorteil ist, dass hier kaum Camper unterwegs sind. Diese befahren oft die Hauptachsen und kommen uns auf den meisten Teilen dieser Reise kaum in die Quere. Am Strandavatnet vorbei über die Hochebene Aurlandsdalen mit endlos verbunden scheinenden See und Flüssen umringt von grünen Wiesen. An deren Ende liegt Vassbygdi, um dort hinunter zu gelangen muss man über eine steil abfallende Bergstraße mit zahlreichen Haarnadelkurven fahren. Ein Großteil dieser Strecke liegt jedoch im Berg! Ein Stück weiter noch bis Aurlandsvangen. Dort fahren wir nicht in den Lærdalstunnel, den mit 24,5 Kilometer längsten der Welt, sondern wir nehmen die darüber verlaufende Passstraße über das Aurlandsfjellet. Diese „Snowroad“ ist ziemlich schmal, geht bis auf 1306 Meter hoch und ist nur wenige Monate im Jahr geöffnet.
Lærdalsøyri am Sognefjord ist das Ziel, ein kleines Nest dass durch ein paar originalgetreu erhaltenen Häuser im Ortskern bezaubert. Wir wohnen hier im Lindstrøm Hotel, welches Zimmer und Restaurant in den den alten Haupthäusern, aber auch in einem Gebäude aus den 60er bereitstellt. Eine ganz wunderbare Kombination der zwei Epochen. Gleich um die Ecke ist das Lærdalsøren Motor Guesthouse, ein Mekka für Porsche Fans. Am Eingang steht ein Rotnasen-Traktor, es gibt Porsche Charging Stationen und im Innern hängen die Wände voll mit Fotos und Erinnerungsstücken. Wir schauen hier das das Viertelfinalspiel Deutschland-Spanien und verlieren 2:1 nach Verlängerung. Nunja, ich freue mich für Susana und darüber, mal wieder ein paar Bier getrunken zu haben. Das gewöhnt man sich hier schnell ab bei Preisen von um die 10 Euro pro Glas.
Der neue Tag beginnt mir der Fahrt durch den schon erwähnten Lærdalstunnel und es sollten heute noch viele weitere werden. Insgesamt verbringen wir über 60 Kilometer unter Tage. Maulwurfstyle. Um die Fahrer bei Laune oder wach zu halten, ist dieser ab und zu farbig beleuchtet. Das Lichtspektakel gipfelt nach halber Fahrtstrecke in einer riesigen unterirdischen Kuppel, die blau und pink leuchtet. Da könnten sich die Schweizer mal ein paar Ideen holen. Am Nachmittag erreichen wir das Gaulargebierge (Gaularfjellet), welches den Sognefjord mit der bergigen Sunnfjordregion verbindet. Auch hier ist wieder einer dieser architektonisch interessanten Aussichtspunkte. Die Ecken der vom Büro Code Architecture aus Oslo entworfenen dreieckige Betonplatte sind nach oben geknickt und begehbar und bieten einen tollen Ausblick auf die darunterlegende Bergwelt. Aus der Luft erst erschließt sich die ganze Leichtigkeit des Entwurfs, der wie ein Papierflieger dort gelandet zu sein scheint.
Bei der Planung der Route hat oft ein schönes Hotel im Nirgendwo das Ziel der Etappe vorgegeben. So auch das Fjordstove Hotel in Fjærland, einem kleinen Ort, in dem seit dem Bau der Umgehungsstraße auf der gegenüberliegenden Seite des Sognefjords, an dem schon Kaiser Wilhelm II urlaubte, nicht mehr viel los ist. Das Hotel ist im Prinzip seit dem Bau 1937 nie verändert worden, im Salon stehen hunderte Bücher und ein Piano und im Restaurant werden die Gäste mit Blick auf das Wasser und den nahegelegenen Gletscher verwöhnt. Am Abend scheint schon hier die Sonne nicht untergehen zu wollen. Um 23 Uhr ist es noch hell, aber bis zum Polarkreis sind es noch knapp 1000 Kilometer.
Die Fv.55 führt ca 100 km über das Sognefjellet und ist mit 1434m der höchste Pass in Nordeuropa. Das Sognefjellhytta Berghotel bietet sich für einen Mittagsstopp an und ist ein weiterer kreativer Architektenentwurf (Büro Jensen & Skodvin). Der Erweiterungsbau dient als Eingang und verbindet seit 2015 die beiden Hauptgebäude mit Dreiecken aus Holz und Glas, die das Licht herein und den Blick auf die Landschaft herauslassen. Weiter umrunden wir den Jostedalsbreen-Nationalpark, der den größten Gletscher des europäischen Festlandes beherbergt. 500 Quadratkilometer groß und mit einer Eisdicke von fast 600m. Wir nähern uns Geiranger und man merkt es schon am Verkehr, dass dies ein Ort ist, an dem jeder Tourist hin will. Es ist ziemlich überlaufen hier, deshalb steigen wir erst garnicht aus. Der Fjord ist wohl der bekannteste von allen und UNESCO-Weltnaturerbe, seine Wasserfälle und Steilwände sind einzigartig und deshalb kommen hier auch die dicken Kreuzfahrtschiffe mit 2000 und mehr Passagieren hin. Diese können sich dann einen der unzähligen Renault Twizys mieten und die verschiedenen Aussichtspunkte in der Gegend ansteuern, um sich die ganze Schönheit nochmal von oben anzuschauen. Das machen wir natürlich auch, aber ohne Twizy. Und der Ausblick ist wirklich schön. Gegen 18h kommen wir am letzten Fähranleger an und müssen eigentlich nur noch die kurze Strecke über den Fjord, aber irgendwas stimmt hier nicht. Die Fähre fährt nicht, denn drei Tage zuvor hatte sie den Anleger gerammt und der wird noch immer repariert. Keiner weiß Genaues. Wir warten eine halbe Stunde, denn den Fjord zu umfahren würde 4 1/2 Stunden denselben Weg zurück bedeuten und das wollen wir nicht unbedingt. Irgendwann sickern Informationen durch, dass es heute um 20h wieder eine Verbindung geben könnte. Oder aber erst morgen früh um 8h. Wir warten weiter. Gegen 19h dann die Nachricht, dass es um 20:20h eine Behelfsauffahrt fertiggestellt wäre und nach drei Tagen wieder ein Schiff fahren würde. Und genau so war es auch. Pünktlich legen wir ab und kommen noch rechtzeitig im Hotel zum Abendessen auf der anderen Seite an.
Von Sylte aus sind es nur knapp 40 Kilometer bis zur spektakulären Trollstigen (Trollleiter) Bergstraße, deren stark abfallender Abschnitt mit 11 Haarnadelkurven aber nach einem Felsrutsch für den Rest der Saison geschlossen bleiben wird. Das Plateau und der Aussichtspunkt ist aber geöffnet und loht sich auf jeden Fall. Schon die Fahrt dorthin ist ein Genuss, klasse Kurven umkreisen Seen, Brücken überqueren den Fluss, der von den zahlreichen Wasserfällen gespeist wird. Das Besucherzentrum und die aus Beton und verrostetem Stahl im zig-zack geformten Aussichtswege und -platformen, die einen Blick ins 800 Meter tiefe Tal bieten fügen sich erstaunlich gut in die Landschaft ein.
Am Meer angekommen, starten wir zur „Atlantic Road“, eine der schönsten Straßen der Welt! Sie verläuft von But nach Kristiansund, geht auf dem interessantesten Teilstück über acht Brücken von Vevang nach Kårvåg und verbindet die verschiedenen kleinen Inseln. Die Brückenkonstruktionen stammen aus den 80ern und dienten als Kulisse im 2021er James Bond Film „Keine Zeit zu sterben“.
An den nächsten beiden Tagen fahren wir längere Verbindungs-Strecken über die eher unspektakuläre Europastraße E6, die quer durch ganz Norwegen bis an die russische Grenze verläuft. Hier kommt man ganz gut voran und so erreichen wir unser Ziel, den Campingplatz von Yttervik in der Nähe von Mo i Rana. Er bietet neben Stellplätzen für Wohnmobile und rustikalen Hütten auch vier erst im letzten Sommer fertiggestellte, quaderförmige Containerbungalows, die über die Felsen direkt über dem Wasser zu schweben scheinen mit komplett verglaster Front und einem traumhaften Blick auf den Ranfjord. Komplett ausgestattet mit Bad und Küche haben wir kaum das Bedürfnis unser Heim für die nächsten zwei Tage zu verlassen. Man sieht die Wellenbewegungen im Wind, die Möwen vorbeifliegen und die sich minütlich ändernden Wolkenformationen.
Eine Wanderung machen wir aber trotzdem. Zum 50 Kilometer entfernten Svartisen Gletscher und auf der Rückfahrt fahren wir kurz zum Arctic Circle Raceway, der nördlichsten Rennstrecke der Welt. Hier finden im Sommer 24 Stunden Rennen komplett bei Tageslicht statt, heute ist hier ein Motorradrennen.
Nach Bodø fahren wir über die Helgelandskysten-Straße. Sie ist die längste der 18 Norwegischen Landschaftsrouten zieht sich etwas. Für die 330 Kilometer Strecke sind wir fast 10 Stunden unterwegs. Auch, weil wir zwei Stunden auf eine Fähre warten müssen, die am heutigen Samstag nicht so oft verkehrt. Man darf es halt nicht eilig haben und so erfreuen wir und an den Rentieren am Straßenrand, der Überquerung des Polarkreises oder machen Rast am Ureddplassen Aussichtspunkt, der neben einem Kriegsdenkmal, welches an ein im zweiten Weltkrieg gesunkenes U-Boot erinnert auch ein von HZA-Architekten gestaltetes, schicke Klohäuschen bereitstellt, dessen Dach sich schlaufenförmig aus dem Betonboden herausbildet. Es wurde von der britischen Presse zum “the world’s finest outdoor toilet“ gekührt.
Tag 14. Heute nehmen wir die Fähre von Bodø nach Moskenes auf den Lofoten. Nach drei Stunden sehen wir die so typischen, kegelförmigen Berge immer näher kommen, sind voller Glück und haben den Eindruck am Ende der Welt angekommen zu sein. Was vor ein paar Monaten noch ganz weit weg und irgendwie unmöglich schien, ist nun war geworden. Wir haben es geschafft!
Wir essen was in Anitas Seafood Restaurant neben dem berühmten gelben Holzhaus, nicht weit vom Fähranleger entfernt. Das Dorf Reine ist ziemlich beliebt bei den Urlaubern, vor allem sehen wir viel Rucksacktouristen, die auch am Straßenrand entlanglaufen. Dann fahren wir weiter Richtung Henningsvær, wo wir vier Tage in der Trevarefabrikken bleiben. Die leerstehende, ehemaligen Möbel- und Kabeljau-Lebertranfabrik wurde 2014 spontan von vier Freunden gekauft und nach und nach zu einem Restaurant, Café, Bar und Hotel umgebaut, ohne ihren ursprünglichen Charakter zu verändern. Vielmehr ist es aber auch ein sich immer weiter entwickelnde Projekt und der kulturelle Hotspot auf der Insel mit Konzerten und Festivals und einer wunderbaren Terrasse mit Holzbänken und Blick auf den Vestfjord und die die Berge von Vestvågøya. Es ist für uns einer der schönsten Orte auf der ganzen Reise, eine Mischung aus entspannter Quirligkeit und totaler Ruhe. Wir genießen hier das Frühstück am Morgen und schauen den Möwen hinterher, trinken am Abend ein Bier, essen Pizza und beobachten, wie irgendwann die Sonne hinter den Bergen verschwindet, freilich ohne wirklich unterzugehen. Es bleibt einfach immer hell.
Einmal fahren wir um Mitternacht noch in den Norden, um die Sonne ganz nah am Horizont zu erleben und entdecken eine unwirkliche Welt aus Nebelschwaden und orangenem Licht und machen ein paar Fotos. Auf einem Golfplatz drehen tatsächlich einige Spieler ihre Runden, ansonsten begegnen uns aber kaum Menschen.
Auch die enge Küstenstraße zurück nach Henningsvær ist um 2 Uhr morgens leergefegt. Hier stauen sich sonst die Camper, speziell am Nachmittag versuchen alle noch in irgendeiner Parkbucht einen Übernachtungsplatz zu finden und quetschen sich nebeneinander. Tagsüber sind die Wanderdünen auf den Hauptstraßen unterwegs und es geht nur sehr gemächlich voran. Hier sind es deutlich mehr davon, als im ganzen Rest des Landes. Henningsvaer ist ziemlich populär, wohl auch wegen seines Fussballplatzes, der von Felsen und dem Ozean umrandet wird.
Wir machen eine Wanderung zum Offersøykammen, lassen das Auto an einem Parkplatz stehen, steigen den teils ganz schön steilen Weg hinauf zum 436m hohen Gipfel und werden mit einer grandiosen 360 Grad-Aussicht auf die umliegenden Berge und die türkisfarbene Bucht belohnt. Sehenswert ist auch Nusfjord, ein ehemaliges Fischerdorf und heute Freilichtmuseum. Für 8 Euro Eintritt kann man sich umschauen oder man wohnt gleich in einen der zu Hotelzimmern umgebauten Hütten des Nusfjord Arctic Resort. Dann darf man auch am Abend hier bleiben.
Schweren Herzens verlassen wir die aus 80 einzelnen Inseln bestehenden Lofoten, diesen magischen Ort, so weit weg von allem und starten unsere Rückreise in Richtung Narvik. ist hier wahrscheinlich mehr los, da die Skipisten gleich vor der Haustüre liegen. Weiter nach Saltstraumen, dem stärkste Gezeitenstrom der Welt. Viermal am Tag wird das Wasser durch den rund 2,5 Kilometer langen und nur knapp 150 Meter breiten Sund gepresst und lässt gigantische Strudel entstehen, was man gut von der darüberliegende Brücke aus beobachten kann. Dann überqueren wir wieder den Polarkreis, diesmal in umgekehrter Richtung und machen kurz am Arctic Circle Center halt, wo man alles zum Thema Rentier findet, sowohl im Shop als auch auf dem Teller im Restaurant. Nach Brønnøysund nehmen wir wieder die Küstenstraße und überqueren bei Sandnessjøen die 45 Meter hohe Helgelandsbrücke, nehmen noch zwei Fähren und kommen am Tagesziel -dem Norsk Havbrukssenter AS Hotel– an. Eigentlich ist das eine Lachsfarm, aber man kann auch eines der kleinen roten Fischerhäuschen mieten inklusive Blick aufs Meer und die gegenüberliegende Insel.
Wie im Urlaub. Um die knapp 300 Kilometer nach Straumen zu gelangen, muss wieder eine Fähren als Transportmittel herhalten. Diesmal verheisst die lange Schlange nichts Gutes und erst nach drei Fuhren können wir an Bord. Zwei drei Stunden Puffer sollte man also immer im Gepäck haben und auch ein Müsliriegel kann nicht schaden.
Von hier aus geht es wieder ins Landesinnere Richtung Gebirge. Wir fahren zu einem Pferdehof zum Reiten im Dovre-Nationalpark, sind aber für dran und laufen noch zum Viepoint Snøhetta, einem Aussichtspavillon zum Beobachten der Moschus-Ochsen, welche einst aus Grönland importiert wurden. Das Architekturbüro Snøhetta (gleichnamig mit dem sich in der Nähe befindenden, höchstem Berg Norwegens) gestaltete einen rechteckigen Stahl-Kubus, der mit verrosteten Blechen verkleidet und auf der gegenüberliegenden Seite mit raumhohen Fenstern ausgestattet worden ist. Im Innern lädt eine aus Kiefernholzblöcken geschnitzte, wellige Bank zum verweilen ein. Ein Kaminofen spendet Wärme während der Blick über die mondartige Landschaft schweift.
Nach einer Reittour am folgenden Tag geht unser Trip weiter und wir machen noch eine kleine Wanderung , fahren durch Lillehammer und schauen und die Olympiastätten der Spiele von 1994an und erreichen Brumunddal, wo das „Wood Hotel“, dem mit 85,35 Metern höchste komplett aus Holz gebaute Gebäude der Welt (2019) steht. Auf dem Weg nach Oslo machen wir noch einen Abstecher zum Kistefos Museum, ein einzigartiger Skulpturenpark, der 2019 um ein Ausstellungsgebäude erweitert wurde. Die dänischen Startarchitekten von BIG überspannten den Fluss mit einer
60 Meter langen Brücke, deren Aussenhaut wie eine in sich verdrehte Papier-Schachtel aussieht und einen beeindruckenden Innenraum ergibt.
Am Nachmittag erreichen wir Oslo, unser Hotel ist Camillas Hus, ein kleines Boutique Hotel gleich hinter dem Königspalast gelegen. Es hat einen Parkplatz, (was in Oslo eine echte Rarität ist, den Parken ist eine Katastrophe), nur sieben Zimmer und mehrere Nebengebäude für Rezeption und ein Restaurant (Park29), die zu den ältesten in ganz Oslo gehören und aus der Mitte des 19.Jh stammen. Hier wohnte einst die Besitzerfamilie und betrieb den ersten Autohandel in ganz Norwegen. Einige Fotos zeugen von dieser Zeit.
Attraktionen hat die Stadt zur Genüge. Wir schauen uns das Astrup Fearnley Museum of Modern Art an, welches von Renzo Piano geplant wurde und aus zwei Teilen besteht, die durch ein Dach verbunden sind. Im Inneren gibt es Wechselausstellungen und permanente Kunst von Jeff Koons, Damien Hirst oder Wolfgang Tillmans. Ein anderes Highlight ist natürlich das Opernhaus, von einer Eisscholle inspiriert, liegt es im Hafenbecken. Die schiefen Ebenen laden ein, bis auf die Dachterrasse zu gehen und den Ausblick über den Hafen zu genießen. Direkt dahinter befindet sich ein neues Stadtquartier dass nach einigen Jahren der Planung und Federführung von MRDVR entworfen und gebaut wurde. Die „Barcode“ genannte Häuserreihe ist die neue Skyline der Stadt und hatte Leuchtturmfunktion für das gesamte Viertel, welches sich vorgelagert befindet und teilweise noch im Bau ist. Eine sehr attraktive Mischung aus Wohnen und Arbeiten mit Geschäften und Restaurants, die durch Kanäle und Terrassen verbunden sind. Es erinnert etwas an die Hafencity in Hamburg, ist aber aufgelockerter, menschenfreundlicher und ohne Autoverkehr. Hier steht auch das erst kürzlich fertiggestellte, 13 geschossige Munch Museum, geplant vom deutsch-spanischem Büro Estudio Herreros aus Madrid. Es beherbergt 28.000 Gemälde, Zeichnungen, Fotografien und Skulpturen, die der 1944 verstorbene Maler Edvard Munch seiner Heimatstadt Oslo schenkte.
Nach zwei Tagen verlassen wir Oslo. Über die gibt ausgebaute Schnellstraße erreichen wir ziemlich flott Kristiansand und haben noch etwas Zeit und den Kunstsilo anzusehen, eine Kunst und Kulturzentrum, welches erst vor drei Monaten eröffnet wurde. Der alte Getreidesilo wurde vom Architekturbüro Mestres Wåge mit Sitz in Oslo und Barcelona entkernt und bietet einen atemberaubenden kathedralengleichen Innenraum. Auf dem Dach ist eine Restaurant mit Dachterrasse, dessen Wände und Boden mit Glas verkleidet sind. Mit diesem Blick verabschieden wir uns von Norwegen und nehmen am Nachmittag unsere Fähre zurück nach Dänemark. Etwas Wehmut kommt auf, aber auch große Freude, diese wundervolle Reise in ein für uns komplett unbekanntes Land gemacht zu haben. Und wer den Text bis hierhin zu Ende gelesen hat, dem danken wir für das Interesse, uns auf diesem Weg gefolgt zu sein.
Fotos und Text: Markus Haub & Susana de Val