Es begann mit einem Fax mit dem Absender „Centro Stile Fiat“ vom 28.04.1999. Geschickt hatte es mir Thomas, der damals dort arbeitete und ich war noch im DCE in Sitges bei Volkswagen angestellt. Es war das „GO“ zu unserer ersten gemeinsamen Reise zur Mille Miglia im Mai und ich konnte meinen Flieger nach Turin buchen, von wo aus wir starteten.
Auf die Reise ging’s im ginstergelben Coupé Fiat, geknipst wurde mit Olympus Mju Zoom Kleinbildkamera auf Negativfilm und bezahlt wurde noch in Lira.
Am Morgen des 6. Mai ging es also von Turin aus nach Brescia, wo die Teilnehmerfahrzeuge sich schon in der Innenstadt tummelten. Zur technischen Abnahme auf der Piazza della Vittoria. Hier stand einfach alles, von Alfa bis Zagato. 370 Fahrzeuge aus den Baujahren 1927 bis 1957, Ferrari, Jaguar, Maserati, Fiat, Cisitalia, Osca, Invicta, Giannini, Alvis, Lancia, Ermini, Siata, Bugatti oder Bentley. Auch 11 Porsche 550 waren dabei und zahllose Mercedes-Benz 300 SL. Absoluter Liebling ist Stirling Moss mit der Startnummer 300 auf Mercedes 300SLR. Jenem Rennwagen, in dem er 1955 die Mille Miglia in Rekordzeit von 10 Stunden und 7 Minuten gewann. Mit 157,6 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit!
Der Start ist am Abend in der Viale Venezia und bis die letzten Fahrzeuge über die Rampe fahren, ist es schon lange dunkel. Sie werden erst spät in der Nacht in Ferrara ankommen, dem Ziel der ersten Etappe. So war das damals noch. Heutzutage starten sie schon am Mittag und es wurde inzwischen auch ein zusätzlicher Tag eingefügt, so dass die Runde von 1700 Kilometern etwas entspannter zu fahren ist.
Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen, denn wir machten uns um 6 Uhr auf zur Verfolgung des Teilnehmerfeldes. Da will man nicht zu spät sein, sonst fährt man hinterher. Und so schwammen wir schön zwischen den Porsche 550, Maserati 200 oder Mercedes 300SL mit. Einer der schönsten Abschnitte führte von Rimini rauf nach San Marino, dann weiter nach Urbino. Ein selbstgebasteltes “Stampa/Press” Schild verhalf uns manches mal zum Einlass in die historischen Stadtzentren, der eigentlich nur den Teilnehmerfahrzeuge vorbehalten war. Und die begeisterten Zuschauer, meist Rentner oder Kinder mit Fähnchen, jubelten uns ebenfalls zu. Das ganze Land schien Kopf zu stehen oder hatte zumindest Schule frei.
In Gubbio war eine Durchfahrtskontrolle und die Autos versammelten sich auf der Piazza Grande vor dem Palazzo die Consoli und boten ein wunderbares Bild. Hier begegneten wir auch wieder Stirling Moss im SLR, der sich auf die Weiterfahrt nach Assisi vorbereitete.
Während das Feld nach Rom weiterfuhr, kürzten wir über Perugia durch die Toskana ab, gönnten uns etwas freie Zeit und ein Fläschchen Wein am Abend und erwarteten alle wieder beim Frühstück auf der Piazza del Campo von Siena, einem der Highlights, die auf keiner Tour fehlen dürfen.
Wir schauten uns dir ersten Ankömmlinge an und nahmen dann die Verfolgung wieder auf. Die Autos in freier Wildbahn zu erleben ist doch das allerschönste. Es ging in Richtung Florenz, hier durften wir leider nicht die Altsdtadt durchfahren, sondern wurden umgeleitet. Dann nach Fiesole und zum Futa-Pass, wo die Fans sich schon vor Stunden die besten Plätze gesichert hatten und in Scharen in den Kurven standen, um dem Rennen zuschauen.
Bei leichtem Regen und schneller Fahrt gings durch Bologna. Verkehrsregeln wurden kurzzeitig mal außer Acht gelassen, die Polizei bot den Teilnehmern freies Geleit auf der Mittelspur, dann weiter auf der kerzengeraden Nationalstrasse nach Modena und nach Reggio Emilia, wo nochmals eine Wertungsprüfung zu absolvieren war. In der Abenddämmerung ließen wir die letzten Autos zum Ziel in Brescia ziehen und schauten zu, wie sie in der Dunkelheit verschwanden. Zu hören waren sie jedoch noch lange.
Fotos: Markus Haub