Der Delius Klasing Verlag feiert in diesem Jahr sein 111 jähriges Bestehen und hat sich vorgenommen, zusammen mit Peter Göbel und seinem Team eine Oldtimer Rallye zu organisieren. Dieser konnte tatsächlich Walter Röhrl als Namensgeber und Teilnehmer gewinnen und so war die Sache rund!
Einer Gleichmäßigkeits-Rallye nur für Porsche. Sowas gab es noch nicht. 111 Stück an der Zahl, Luftgekühlte oder Transaxel sollten sie sein und so kam ein buntes Feld zusammen, um drei Tage lang die Region um Schloss Fleesensee an der Mecklenburgischen Seenplatte zu erkunden. 21 Wertungsprüfungen waren auf 700 Kilometern Strecke zu absolvieren und das war dank Peter Göbel ganz schön kniffelig. Der ist dafür bekannt, sich immer mal was Besonderes einfallen zu lassen- wie wir seit unserer Teilnahme an der 1.Hamburg-Berlin Klassik von 2008 wissen. Legendär!
Wir waren also neugierig und hatten uns angemeldet. Anfang September nun war es soweit. Ab Mittwoch war die technische Abnahme und auch die Roadbooks wurden ausgegeben. Genug Zeit also, um schon mal zu schauen, wohin die Reise geht und sich auf die Wertungsprüfungen den nächsten Tages vorzubereiten.
Tag 1: Nach dem Teilnehmerbriefing am Mittag starten wir um 14 Uhr zur ersten Etappe „Rund um die Müritz“. Der Walter fährt ein weißes G-Modell Cabrio mit der Startnummer 1 und schreibt noch unermüdlich Autogramme bevor er allen voran auf die 135 Kilometer lange Strecke geht. Die ist als Prolog geeignet, um sich mit den ersten Prüfungen, den Durchfahrtskontrollen und der Landschaft vertraut zu machen. Nach einer Dreier- und einer Zweier-Sollzeitprüfung geht es auf den ehemaligen sowjetischen Flugplatz Rechlin-Lärz. Hier warten bunte Pilonen auf uns, die in einer bestimmten Reihenfolge und mit den Farben zugewiesenen Sekundenzeiten zu einem Parcours werden, der hundertstelgenau befahren werden muss. Highlight aber ist die Aufgabe auf der Landebahn. Zwei Lichtschranken sind in 45 und 70 Sekunden bei 850 bzw 1560 Metern zu durchfahren. Zwei Autos fahren parallel gegeneinander. Das heiß ganz schön Gas zu geben, sich aber nicht vom anderen ablenken zu lassen. Weil das noch nicht genug ist, werden wir von einem Boeing-Stearman-Doppeldecker von 1943 überflogen.
Die Abendpause findet in historischen Feldsteinscheune in Bollewick statt, die größte ihrer Art. Wo bis zur Wende 700 Kühe ihr zu Hause hatten, rasten wir nun und stärken uns für die letzte Etappe nach Göhren-Lebbin zurück, auf welcher nochmals zwei Zeitprüfungen zu absolvieren sind.
Tag 2: Wir starten wie jeden Tag mit Nummer 7. Um 8:34 Uhr geht es auf die beiden Tagesetappen mit zusammen 360 Kilometer bis zur Ostsee. Erste Ziele sind Malchow und Teterow und die Marina Loitz, eine Prüfung auf dem Plattenweg und Mittagspause im Gasthaus Landsdorf, wo unsere Autos wieder einmal schön beisammen stehen und man auch die hinteren Teilnehmerfahrzeuge zu Gesicht bekommt. Am Nachmittag gehts vorbei am Vogelpark Markow, nach Riebnitz, wo uns die Bernsteinkönigin mit Gastgeschenken empfängt. Dann wieder Richtung Süden über traumhafte Alleenstraßen, wie es sie in unserer Ecke schon seit Jahrzehnten nicht mehr gibt. Das macht die ganze Tour zu etwas ganz Besonderem. Die einmalig schönen Landschaften, die Dörfer und die netten Menschen, die uns an den Durchfahrtspunkten oder in ihren Vorgärten erwarten und zuwinken. In Krakow am See dürfen wir auf der sonst für den Verkehr gesperrten Uferpromenade flanieren, bekommen noch ne Wurst zur Stärkung und fahren das letzte Stück bis ins Ziel.
Tag 3: Heute sind 274 Kilometer auf Etappe 5 und 6 zu fahren, diesmal nach Süden Richtung Brandenburg. Wittstock/Dosse und Neuruppin stehen in der Karte und bei den Wertungsprüfungen wird es nochmal spannend. Im „Solarfeld am Weinberg“ sind fünf Zeiten mit wechselnden Schnitten innerhalb von 55 Sekunden zu fahren. Da kommt Freude auf! Und im Gut Hesterberg kommt zur „normalen“ Dreier-Prüfung auf kurviger Strecke noch eine „Super-Geheim“ Prüfung dazu. Diese wurde im Reglement beschrieben und kann demnach jederzeit unerwartet auf freier Strecke oder auch innerhalb einer Wertungsprüfung vorkommen. Nun also ist es soweit. Erst kurz vorher bekommen wir die Aufgabe ins Auto gereicht und müssen auch schon los. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt nicht. 70 Meter in 12 Sekunden. Im Anschluss an die WP16. Eieiei…
Mittagspause ist im Ziegeleipark Mildenberg, wo um 1910 schon Unmengen an Steinen für das boomende Berlin gebrannt wurden. Erst die Einführung der Plattenbautechnologie in den 60er Jahren machte dem Ziegelstein Konkurrenz und nach der Wende wurde der Betrieb gänzlich eingestellt.
Am Nachmittag warten nochmal fünf WPs. Auf dem Verkehrsübungsplatz Linowsee geht es auf die Kreisbahn. Diese ist zweimal in einer identischen, zwischen 10 und 14 Sekunden frei wählbaren Zeit zu umrunden. Dann noch eine Doppelprüfung, die auf einer bewässerten Gleitfläche endet. So ist abruptes Bremsen unmöglich. Mit Schwung und Wasserschwall gehts durch die Lichtschranke. Zum krönenden Abschluß fahren alle nochmal zum Flugplatz Lärz. Wieder zur bunten Piloten Aufgabe, die diesmal aber in anderer Reihenfolge zu befahren ist. Und dann nochmals eine Parallel-Doppelprüfung auf der Landebahn. Jetzt muss man noch schneller sein. Die 960 bzw 1560 Meter müssen in 40 Sekunden bzw 1:01 Minuten gefahren werden. Ein Schnitt von knapp 90 bzw 110 km/h! Das heißt, wenn man bei der ersten Ziel-Lichtschranke zu stark abbremst, hat man kaum noch Chancen durch die zweite in der vorgegeben Zeit zu kommen. Auf letzter Rille und mit maximaler Geschwindigkeit schaffen wir es gerade so.
Es waren fantastische drei Tage in einem wunderschönen Teil Deutschlands, den wir sehr wahrscheinlich ohne die Rallye nie besucht hätten. Die Siegerehrung am Abend vereint nochmal alle Teams, Pokale und Preise werden vergeben und auch eine Teilnahme für die 2. Röhrl Klassik im nächsten Jahr wird verlost. Für alle anderen gibt es bei Wiederholungswunsch einen sicheren Startplatz. Gut zu wissen. Mal schauen, wo die Reise hingeht…
Dem Walter hat es auch gefallen, musste er aber zugeben, daß ihm „das langsame Fahren mehr anstrengt als das schnelle.“ Das glauben wir ihm sofort.
Fotos und Text: Markus Haub & Susana de Val