Eleganz und Schönheit en masse gibt es beim Concorso d’Eleganza in der Villa d’Este zu sehen, die dieses Jahr ihr 150 jähriges Bestehen feiert. Ein ganzes Wochenende lang buhlen die Besitzer einiger sehr seltener, sehr schöner oder auch sehr originaler Fahrzeuge um die Gunst des Publikums und der Jury.
Am frühen Morgen – während einige Gäste noch beim Frühstück sitzen- haben die anderen schon ihren Wagen in die vorgesehenen Parkposition gebracht und putzen hier und da noch ein wenig, um auch wirklich alles in bestem Licht erscheinen zu lassen. Gleich am Eingang steht eine Armada von M-Modellen von BWM und man merkt schnell, dass die Marke mit den drei Streifen hier den 50. Geburtstag feiert. Einige weitere Sportler sollten noch auf dem Gelände verteilt zu finden sein.
Gleich daneben einige Konzeptfahrzeuge und Prototypen, die in einer eigenen Klasse antreten. Bugatti Bolide, Zagato Mostro auf Maserati Basis oder der Porsche Marsien vom Tuner Marc Philip Gemballa.
Langsam füllt sich das Gelände mit weiteren Besuchern, die Frauen und Männer des Juroren-Teams drehen noch eine weitere Runde und bringen die Besitzer ins Schwitzen. Der Motor muss angelassen werden und auch Licht, Blinker und Hupe muss einwandfrei funktionieren, wie beim TÜV, sonst droht Punktabzug.
Eine Klasse nennt sich „BREAKING THE SPEED BARRIER: PIONEERS THAT CHASED THE MAGIC 300kph“ und hier gibt es einiges zu bestaunen. Ein 288 GTO neben dem tahiti-blauen Lamborghini Countach LP5000S, einer von 29 Porsche 959S mit nur 885 Kilometern auf dem Tachometer und ein dunkelblauer Miura P400SV, der einst dem letzten iranischen Schah gehörte. Highlight ist aber der Aston Martin Bulldog von 1979 mit seinen hydraulischen, bis in den Schweller reichenden Flügeltüren. Er wurde in den letzten Jahren aufwändig restauriert und sein Besitzer Philipp Sarofin kann ihn hier voller Stolz zeigen und jedes Detail erklären. Er gewinnt damit den Publikumspreis „Coppa d’Oro“, ein riesiger goldener Topf!
Ein weiteres Jubiläum wird mit der eigenen Klasse D gewürdigt: 75 Jahre Ferrari. Hier steht ein 375 America, 250 GT Zagato, 335S, 400 Superamerica Aerodinamica, ein 275 GTB/4, ein hellgelber 365 Daytona Spider und ein Dino 206 GT von 1968. Einer seiner Vorfahren ist wohl der 365 P Berlinetta Speciale Tre Posti. Einer von nur zwei gebauten Exemplaren mit drei Sitzen, eigenwilliger Proportion und 12 Zylindern im Heck. Nicht umsonst gewinnt er seine Gruppe.
Wir schlendern weiter übers Gelände, geniessen den Blick auf den See, die vorbeifliegenden Wasserflugzeuge, die Riva Boote. Die Sonne brennt ganz schön. Recht ungewöhnlich für Mai, haben wir doch auch die Präsentationen hier schon im strömenden Regen erleben dürfen. Besser so!
Die Klasse „E“ steht etwas abseits in der hinteren Ecke. Ihr sind reinrassigen Rennwagen gewidmet. “Win on Sunday, sell on Monday” ist der Untertitel unter welchem sich Racer der 50er Jahre bis in die 2000er gruppieren. Maserati A6 GCS MM, Aston Martin DB4 GT, ein Porsche 356 B Carrera Abarth GTL oder ein Ferrari F40 LM.
Über Mittag machen wir einen Abstecher zur Villa Erba. Ein Shuttle Boot bringt uns direkt zum Anleger des großen Parks, wo in den Vorjahren am Sonntag für das Publikum immer nochmals die Teilnehmerfahrzeuge des Concorso ausgestellt waren. Dieses Jahr wurde dort unter dem Titel „Cars & Weisswürscht“ eine neue Veranstaltung ins Leben gerufen und Raum für Clubs und Fans mit ihren eigenen Fahrzeugen geschaffen. Viel BMW natürlich, aber auch einige andere Fabrikate waren zu sehen. Ziemlich überraschend finden wir in einer Reihe von Ferraris das von Marcello Gandini entworfenen Showcar Bertone Rainbow auf Ferrari 308 GT4 Basis. Mit seinen scharfen Kanten ein echter Hingucker in der meist rundlichen Autowelt.
Wieder zurück in der Villa d’Este ist erstmal Mittagspause, um allen die Gelegenheit zu geben, sich etwas zu stärken. Wir drehen nochmal eine Runde ums Hotel und sehen uns den Rolls Royce Boat Tail an. Es ist der zweite von insgesamt drei Exemplaren, welches zum Preis von geschätzten 20 Millionen Euro an einen Kunden übergeben werden kann. Mit Picknick-Korb und Sonnenschirm, Ausklapp-Tischchen und Champagnerkelch bestückt kann er es sich am Wochenende bei einer Ausfahrt bequem machen. Oder aber in Zukunft sicher mal am Concorso d’Eleganza teinehmen.
Etwas günstiger wird der neue BMW XM sein, den wir uns in einem geschlossenen Pavillon anschauen können. Hier herrscht aber Knipsverbot, Kameras und Mobiltelefone muss man am Eingang abgeben, um die endgültige Form noch nicht zu enthüllen.
Dann startet auch schon die große Schlussparade vor Jury, Journalisten und Besuchern, die Simon Kidston wie immer aufs galanteste moderiert.
Den Anfang macht der BMW Turbo X1 von 1972. Einer von nur zwei existierenden Exemplaren, die nur selten den Weg aus dem Museum ans Tageslicht schaffen. Er ist eines meiner absoluten Lieblingsautos, wohl auch wegen der leuchtroten Farbe, die damals im Zuge der Sicherheitsbewegung aufgesprüht wurde. Paul Bracq hat ein echtes Meisterstück gezeichnet und der Einfluss auf den späteren M1 ist unverkennbar. Dann kommen die Conceptcars von Zagato, Touring, Scuderia Cameron Glickenhaus oder De Tomaso. Das Publikum ist begeistert und es ist wirklich fantastisch so viele verschiedene Boliden fahren zu sehen und auch zu hören. Wenngleich sie nur Schrittgeschwindigkeit fahren und beim Einparken so ihre Schwierigkeiten haben.
Der Bugatti Type 59 Sports aus der Sammlung von Fritz Burkard von 1934 fährt an den Zuschauern vorbei und erntet großen Applaus. Er gehörte einst König Leopold III von Belgien und ist komplett unrestauriert. Für seinen Auftritt wird er mit dem FIVA Preservation Award belohnt. Kurz gesellt er sich zu seinem Nachfahren, dem Bolide von 2020. 86 Jahre trennen die beiden und dennoch vereint sie die Faszination am technisch Machbaren.
Die “Trofeo BMW Group” für den Best of Show geht an den Bugatti 57 S von 1937 von Andrew Pisker aus Monaco. Die Symbiose aus technischen Exzellenz und einer von aufregender Eleganz geprägten Cabrio-Karosserie überzeugte die Jury. Glückwunsch!
Concorso d’Eleganza Villa d’Este
Fotos und Text: Markus Haub & Susana de Val