Zehn Tage, 3500 km, 20 Pässe und fünf Länder… zweiter Teil:
Den Beginn der Alpenfahrt mit unserem 964 konnte man ja vor ein paar Tagen im ersten Teil des Artikels lesen. Die Werkstatt hatte unseren anderen Elfer, mit dem wir ursprünglich fahren wollten also wieder flottgemacht und wir machten uns am frühen Morgen vom Gotthardpass auf nach Wiesbaden, um ihn abzuholen und anschliessend wieder zurück in die Alpen zu fahren. Ganz schön verrückt eigentlich…
Wieder hoch zum Grimsel…
Auf der Autobahn wird unsere Weekend Racer ziemlich laut. Schon bei 130km/h und bei 180 infernalisch und man muss dann auch das Lenkrad gut festhalten. Dabei belassen wir es dann mal, wir sind ja auf Testfahrt. Die Schweizer sind Weltmeister im Tunnelbau und hier kann man mal richtig den Auspuffklang auszuprobieren bis der Putz von der Decke fällt. Unsere Strecke geht vorbei an Basel und Luzern und hier respektieren wir das Tempolimit peinlichts genau, wir wollen ja keinen Knollen riskieren, so wie ein Lotus Super 7 Fahrer, den ich am nächsten Tag getroffen habe. Er hatte gerade 2000 Franken zahlen müssen. In der Dunkelheit schlängeln wir uns die 38 Kilometer lange Passtrasse hinauf, um gerade nochgerade rechtzeitig zum Abendessen im ersten Quartier anzukommen. Das Grimsel Hospiz, wo wir zwei Tage zuvor schonmal vorbeigekommen sind, liegt idyllisch auf einem Felsen an einem Stausee auf ca. 2000m Höhe und war vor knapp 900 Jahren das erste urkundlich erwähnte Gasthaus in der Schweiz und von 1932 das erste Haus Europas, welches elektrisch beheizt wurde.
Abstecher nach Italien. Und dann der TREMOLA!!!
Den nächsten Morgen nutzen wir, um noch ein paar Fotos an diesem wunderbaren Ort zu machen. In manchen Ansichten verschwindet unsere steingrauer Porsche wie ein Chamäleon, denn der Farbton ähnelt allzu sehr dem der grünbemosten Berge und der Farbe des Wassers im Stausee. Der rote Farbklecks auf der Motorhaube macht sich jedoch ausgezeichnet auf den Bildern. Das Heck ist eindeutig die Sahneseite des 911. Schliesslich reißen wir uns los. Der Tag wartet mit einer geplanten Streckenlänge von 270 Kilometern auf uns und das Wetter ist perfekt. Das Anschnallen mit den 4-Punktgurten ist jedes Mal ein Prozedere und beansprucht etwas Zeit. Festzurren und den Schlüssel drehen. Der Motor startet rau und will mit dem Handgas noch etwas bei Laune gehalten werden. Alleine bleiben wir dabei selten, denn immer wieder kommen Zuschauer, mal begeistert, mal schockierte Wanderer über die Ruhestörung in der Bergidylle. Wir lassen es also gemütlich angehen und fahren in Richtung Süden, den Grimselpass hinunter nach Gletsch und dann über den Simplonpass in Richtung Italien. Er hat lang gezogene Kurven und einen perfekten Fahrbahnbelag. Man kann hier etwas flotter fahren, aber der Motor dreht in der Höheluft noch nicht richtig. Es braucht noch etwas Feinabstimmung auf dem Prüfstand. Das wussten wir und es kommt auf den Zettel mit den über den Winter zu erledigenden Arbeiten. Die Ausblicke auf die weißen Spitzen der Walliser Alpen entschädigen uns dafür, sie gehören zum Besten, was die Schweiz zu bieten hat. Wir erreichen die Passhöhe in 2006 Metern und überqueren danach die Grenze. In Domodossola biegen wir ab in Richtung Santa Maria Maggiore, wo wir den Mittagsstopp in einer Pizzeria einlegen. Es war auch höchste Zeit, denn gut gestärkt geht es Richtung Cannobbio am Lago Maggiore auf einer immer enger werdenden Strasse. Gegenverkehr ist unmöglich, kommt aber immer mal vor und so muss so manches Mal rangiert und notgebremst werden. Die „S“ Bremsen packen jederzeit gut zu. Am See angekommen zeigt die Tankuhr Reserve an. Der 2,4l Motor ist kein Kostverächter, den genauen Verbrauch rechne ich lieber nicht aus, aber der 85Liter Tank entleert sich rasch durch den Auspuff. Im Berufsverkehr fahren wir am Seeufer entlang und erreichen schließlich Bellizona und die Autobahn Richtung unserem nächsten Ziel. Dem Gotthard Pass. Besonders spektakulär ist hier die alte Tremola Strasse mit ihren 24 kopfsteingepflasterten Kurven. Die ist das längste Baudenkmal der Schweiz und stammt im Ursprung aus dem Jahr 1834. Unser Porsche röhrt auf der menschen- und autoleeren Strecke mehrmals rauf und runter und es entstehen ein paar schöne Aufnahmen. Immer wieder entfliehen wir den aus dem Tal aufsteigenden Nebelschwaden, bis wir schließlich im Nachtquartier, dem Gotthard Hospiz auf 2106 Metern ankommen und nach ein Paar Rösti erschöpft und glücklich ins Bett fallen. Die Dame an der Rezeption kennt uns schon von vor zwei Tagen, als wir hier Rast machten und gibt und diesmal das Zimmer mit dem Namen Johann Wolfgang von Goethe, der hier einst nächtigte.
Furka, Grimsel und dann ins Emmental
Der Morgen danach startet neblig auf dem Gotthard, aber als wir ein paar Kilometer um die Ecke fahren, scheint die Sonne als wäre nichts gewesen. So sind die Berge! Die Strecke geht über den Furkapass, dessen Scheitelpunkt auf 2436m liegt. Auch hier hat unser Renner wieder mit der dünnen Luft zu kämpfen. Auf einem Parkplatz halten wir an und es kommen zwei englische Porsche Fans in ihrem SC dazu und sind völlig aus dem Häuschen. Sie kennen unser Auto vom letzten Petrolicious Artikel und fotografieren es ausgiebig. Weiter geht’s wieder über den Grimsel Pass, diesmal in umgekehrter Richtung und schließlich in Richtung Bern, wo wir unseren Freund Ulfert von Gannet Design besuchen, der uns sein neues Studio zeigt, bevor es am Folgetag wieder zurück nach Deutschland geht. Die Reise war wunderbar und der 911 macht sich hervorragend in der Bergwelt. Nun bleiben über den Winter einige Kleinigkeiten zu beheben und das Auto zu verbessern und Nummer 9110101621 kann im nächsten Jahr wieder auf die Strecke gehen.
Alpenfahrt im 9110101621 bei Petrolicious